Die Käserinde aus der Sicht eines Affineurs

Ein Beitrag von Reiner Wechs
Diplomingenieur der Milch- und Molkereiwirtschaft und Seniorberater vom Rheingau Affineur

Portraitbild von Reiner Wechs, dem Rheingau Affineur

Die Käserinde aus Sicht eines Affineur´s

 Im Grunde gibt es 4 wichtige Einflussfaktoren für einen qualitativen und geschmacklich

hochwertigen Käse:

  1. Die Fütterung und die Kuhrasse
  2. Die Qualifikation des Käsers verbunden mit einer handwerklichen Herstellung
  3. Die Behandlung und Ausreifung der Käse nach dem Salzbad (Affinage)
  4. Die Präsentation und Pflege des fertigen Käses in der Käsetheke, Gastronomie,  Marktbeschicker usw.

Heute beschäftige ich mich mit dem 3. Punkt:

Der Einflussmöglichkeiten des Affineur´s  (franz. Käseverfeinerer)

 Je nachdem in welchem Reifungsstadium in Zusammenarbeit mit dem Produzenten der Käse übernommen wird, sind dann bis zur fertigen Ausreifung auch seine Einflussmöglichkeiten. Dies betrifft besonders das Pressen, Verweildauer des Käses im Abtropfraum: Temperatur, Feuchtigkeit, Häufigkeit des vorhergehenden Wenden und Salzen.

In der Regel beginnt die Tätigkeit beim weiteren Salzen, je nach Bedarf, des grünen (frischen) Käses.

Im Gegensatz zum allgemein gültigen Salzen in Lake (Salzbad), behandelt der trad. Affineur den jeweiligen Käse immer noch mit Trockensalzen.

Hierbei hat er den größten Einfluss auf die Festigkeit, den Geschmack und die Rinde.

Durch das Salzen wird der Käse entwässert. Besonders bei Hartkäse hält man die Rinde allerdings trocken, während bei dem Schmierkäse die rötlich braune Schmiere gewünscht ist.

In Verbindung mit dem Salzen hat der Affineur jetzt die Möglichkeit bestimmte Geschmackskompositionen mit einzubringen. (Appenzeller, Greyerzer usw.)

Durch die Diffusion beim Salzen, (Konzentrationsausgleich zwischen 2 unterschiedlichen konzentrierten Phasen) erfolgt damit auch die individuelle Geschmacksbeeinflussung.

Dieser Prozeß dauert je nach Käsesorte zw. wenigen Tagen bis mehrere Monate z.B. Rheingauer Runde und Zisterzienser bzw. Marcus Böhmer Käse).

Dazu kommen noch ganz entscheidende Einflussfaktoren:

  • der Reifungskeller mit seiner unterschiedlicher Mikroflora
  • Temperatur und Feuchtigkeit
  • Art der Lagerung der Käse, Holzart der Reifungsbretter
  • Häufigkeit des Schmieren und Streichen der Käse
  • Individuelle Behandlungen durch auftragen von Gewürzen, Kräutern, Blätter, Nüssen, Flüssigkeiten wir Bier, Wein, Apfelwein, Brände usw.

Alle diese Punkte ergeben dann die individuellen Geschmacksrichtungen.

Das tolle dabei ist, dass der gleiche Käse in unterschiedlichen Regionen und Reifungskellern, wie z.B. Felsenhöhlen, Felsenkellern, Windreifungslager, oberirdische Reifungsräume usw. ausgereift, auch unterschiedlich schmeckt und Rinden hat.

Die Käserinde ist die Spielwiese des Affineur´s 

 Diese Käserinden sind grundsätzlich immer essbar, allerdings ist dabei zu beachten, dass der Geschmacksunterschied zw. Rinde und Käseteig umso größer, je Älter der Käse, ist. Deshalb die Empfehlung diese Rinde immer dünn abzuschneiden.

Allerdings sollte man die Rinden mit den speziellen Veredelungen wie Blumen, Kräutern, Gewürzen, Nüssen, Flüssigkeiten usw. durchaus mitessen, weil diese wiederum zum Gesamtgeschmacksbild dazu gehören.

Ausnahmen bilden hierfür die trad. Raclettekäse, da auf alle die Rinde mit erhitzen, gibt einen schönen knusprigen Geschmack.

Im Unterschied zur handwerklichen Käseherstellung und Affinage (Ausreifung) steht bei der industriellen Herstellung die Wirtschaftlichkeit, Standardisierung und das einheitliche Aussehen im Vordergrund.

Dazu werden leider oft immer noch gewisse Konservierungsstoffe zugegeben, die mit diversen E-Nummern von E410 –E415 oder Zellulose E460 –E466 gekennzeichnet werden müssen. Neben dem Aussehen dienen diese auch gegen den Gewichtsverlust, sowie der Beschleunigung der Reifung.

Daneben gibt es noch das E235 Natamycin – dieses unterdrückt den unerwünschten Schimmelbefall und wird auch in der Humanmedizin als Therapeutikum eingesetzt und darf nicht tiefer als 5 mm in die Käserinde eindringen.

All diese Konservierungsstoffe sind zugelassen und deshalb wird aber trotzdem empfohlen min. 5 mm von den jeweiligen Käsen abzuschneiden.

Problematisch ist, dass der Verbraucher an der Bedientheke oft erst auf dem Kassenzettel die E-Nummern erkennt.

Gerade deshalb ist eine dementsprechende Beratung des Kunden an der Käsetheke mit einer einhergehenden Schulung der Verkaufskräfte so wichtig.

Dem Kunden ist die Problematik oft gar nicht bekannt und je mehr er darauf hingewiesen wird, zwingt er die dementsprechenden Produzenten auf diese Zusätze zu verzichten.